Berufliche Wiedereingliederung nach koronaren Erkrankungen

Koronare Ereignisse, wie ein Herzinfarkt, stellen für viele Betroffene eine Zäsur in ihrem Leben dar. Auch das Arbeitsleben wird beeinflusst: Häufig sind Betroffene aufgrund ihrer Erkrankung längere Zeit arbeitsunfähig, müssen ihr Arbeitspensum anpassen oder sogar die Tätigkeit wechseln.

Eine aktuelle Meta-Synthese, die im Fachjournal BMJ Open (https://doi.org/10.1136/bmjopen-2022-069091) veröffentlicht wurde, hat systematisch qualitative Studien zusammengefasst, um Faktoren zu identifizieren, die die Rückkehr in Arbeit positiv oder negativ beeinflussen („Barriers and facilitators to return to work following cardiovascular disease: a systematic review and meta-synthesis of qualitative research“). Eingeschlossen wurden qualitative Studien und Mixed-Method-Studien, die bei Personen im erwerbsfähigen Alter, die vor der Erkrankung erwerbstätig waren und eine diagnostizierte kardiovaskuläre Erkrankung hatten (ischämische Herzkrankheit, Herzklappenerkrankung, Herzinsuffizienz oder Vorhofflimmern), Förderfaktoren und Barrieren der Rückkehr in Arbeit untersucht hatten. Die Autorinnen und Autoren beschränkten sich auf Arbeiten der vergangenen elf Jahre (2011 bis 2022).

Insgesamt identifizierten die Autorinnen 15 Studien mit insgesamt 501 Teilnehmenden. Die Hälfte der Studien kam aus Europa. Die methodische Qualität war überwiegend hoch.

Die Autorinnen und Autoren teilten die identifizierten Barrieren zur Rückkehr an den Arbeitsplatz in vier Kategorien ein: 1. körperliche Einschränkungen, 2. psychologische Faktoren und Beziehungsfaktoren, 3. Arbeitsumfeld und 4. Unterstützung durch die Gesundheits- und Sozialsysteme. Körperliche Einschränkungen gehörten zu den häufigsten Barrieren, darunter Fatigue, körperliche Schwäche, Komorbidität, der allgemeine Gesundheitszustand und Nebenwirkungen von Medikamenten. Zu den psychologischen Barrieren zählten Ängste und Sorgen bezüglich einer Erwerbstätigkeit, mangelnde Motivation für die Rückkehr an den Arbeitsplatz, leichte kognitive Defizite, darunter Konzentrationsstörungen und kurzfristige mentale Probleme. Studienteilnehmende berichteten auch über Ängste vor Arbeitsbelastungen. Angesichts der Schwere der Erkrankung priorisierten einige Teilnehmende familiäre Aktivitäten und Zeit mit Angehörigen gegenüber einer erneuten Erwerbstätigkeit. Im Arbeitsumfeld stellten insbesondere manuelle Tätigkeiten, begrenzte Möglichkeiten der Arbeitsplatzanpassung, ungünstige Arbeitsbedingungen und mangelndes Verständnis und Unterstützung seitens der Kollegen und Arbeitgeber Gründe für eine Nicht-Rückkehr in Arbeit dar. Innerhalb des Gesundheits- und Sozialsystems wurden fehlende professionelle Unterstützung bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit und ein fehlender Fokus auf die Rückkehr in Arbeit in der kardiologischen Rehabilitation als Barrieren aufgeführt.

Die identifizierten Förderfaktoren subsumierten die Autorinnen und Autoren unter fünf Kategorien: 1. Rückkehr zur Normalität, 2. Verbesserung des Wohlbefindens, 3. finanzielle Sorgen, 4. Arbeitsumfeld und 5. Unterstützung innerhalb des Gesundheits- und Sozialsystems. Eine Rückkehr in Arbeit bedeutete für viele Teilnehmende eine Rückkehr in eine alte Normalität, in ein Leben vergleichbar mit dem vor der Erkrankung. Insbesondere für Männer stellte die Bedeutung der Arbeit für die eigene Rollenidentität einen förderlichen Faktor dar. Die Arbeit stellte für viele Teilnehmende eine Ablenkung von erkrankungsbezogenen Ängsten und Sorgen dar, förderte das Wohlbefinden und wirkte stressreduzierend. Eine schlechte finanzielle Situation und die damit verbundene ökonomische Abhängigkeit von der Erwerbsarbeit forcierten bei einigen Teilnehmenden die Rückkehr in Arbeit. Der Arbeitsplatz wirkte sich dann unterstützend auf eine Rückkehr der Teilnehmenden aus, wenn Anpassungen des Arbeitsplatzes erfolgen konnten, flexible Lösungen, u. a. Teilzeitmodelle, und Einflussnahme auf den eigenen Arbeitsumfang möglich waren und Akzeptanz und Unterstützung durch Vorgesetzte sowie Kolleginnen und Kollegen vorhanden waren. Unterstützung bei der beruflichen Wiedereingliederung durch professionelle Akteure des Gesundheits- und Sozialsystems angesichts einer vielfach präsenten Unsicherheit bezüglich der eigenen Rückkehr in Arbeit wirkten ebenfalls als Förderfaktor.

Die Autorinnen und Autoren weisen darauf hin, dass jeder individuelle Weg zurück in die Arbeit ein komplexer Prozess ist und die genannten Förderfaktoren und Barrieren in enger Wechselwirkung stehen. Sie heben zudem hervor, dass psychosoziale Angebote in der kardiologischen Rehabilitation zur Bearbeitung der psychosozialen Belastungen, Ängste und Sorgen der Betroffen unerlässlich sind. Auch die Rückkehr in Arbeit sollte bereits in der kardiologischen Rehabilitation thematisiert werden. Der Arbeitgeber sollte in die Planung der Rückkehr in Arbeit zur Berücksichtigung des Arbeitsumfeldes mit einbezogen werden. Betroffene benötigen verlässliche Ansprechpartner für alle Themen rund um die Rückkehr in Arbeit während ihrer Genesungsphase und rund um den Zeitpunkt des Wiederstiegs in das Erwerbsleben.

[Hannes Banaschak / Annika Sternberg]

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